Posts mit dem Label APP werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label APP werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

Alltägliches (285)

 

Das APP-Haus zum Schutz der Armen in
Funchal. Foto: Heinz-Peter Tjaden

Halber Hotelgast und halber Armer

22. März 2024. Jetzt bin ich nur noch ein halber Hotelgast, den Rest des Tages verbringe ich auf den Straßen und Plätzen von Madeira oder bei der APP Associacao protectora dospobres, über die ich schon einmal berichtet habe. 

Der Tag begann für mich mit einer mail an das Landeskriminalamt in Hannover, an das deutsche Konsulat in Funchal und an das Sozialamt in Burgdorf bei Hannover, wo ich ab dem 28. 3. wieder wohnen will. Die mail machte ich auch auf meinen Facebook-Seiten bekannt:

sehr geehrte damen und herren, ich werde heute das hotel, in dem ich wohne, verlassen muessen. gaeste beschweren sich darueber, dass von meinem zimmer und von mir eine geruchsbelaestigung ausgeht. das trifft zu, obwohl ich regelmaessig dusche und die waesche wechsele.
der grund: am ersten tag meines aufenthaltes im dr. nelio-mendanca-hospital hat man mir, obwohl ich bereits meine sofortige entlassung gefordert hatte, einen katheter eingebaut. er wurde auch bei meiner entlassung nicht entfernt, obwohl ich das gefordert hatte. waehrend meines aufenthaltes in diesem hotels wurde der beutel undicht. das teilte ich dem hospital mit, das - wie in allen anderen faellen . nicht reagierte. ich schrieb denen auch, dass ich nachts ein handtuch um mein bein wickele, damit der urin nicht auch noch das bett in mitleidenschaft zieht.
das hospital reiht eine kriminelle handlung an die andere. ich muss so schnell wie moeglich zurueck nach deutschland. dazu fehlt mir das geld. von madeira aus werde ich mich auch nicht gegen diese kriminellen wehren koennen.
in dem hotel wird die entwicklung bedauert. das team ist toll. ich mochte nun nicht in einem obdachlosenheim landen.
Dear Sir or Madam, I will have to leave the hotel where I am staying today. Guests complain that there is an unpleasant smell coming from my room and from me. This is true even though I shower and change my laundry regularly.
the reason: on the first day of my stay in the dr. Nelio Mendanca Hospital installed a catheter in me, even though I had already asked for my immediate discharge. It wasn't removed when I was fired, even though I requested it. During my stay at this hotel the bag leaked. I reported this to the hospital, which - as in all other cases. didn't respond. I also wrote to them that I wrap a towel around my leg at night so that the urine doesn't affect the bed.
The hospital strings one criminal act after another. I have to get back to Germany as quickly as possible. I don't have the money for that. I won't be able to defend myself against these criminals from Madeira.
The hotel regrets the development. the team is great. I didn't want to end up in a homeless shelter.

Best regards

Kurz darauf brachte mich ein Angestellter des Hotels mit meinen Siebensachen zu dem Haus zum Schutz der Armen. Ein netter Herr und eine nette Dame erkärten uns, dass ich dort duschen und essen könne. Schlafplätze habe man nicht. Ich schilderte meine Situation, duschte und zog mich um. Die Wäsche, die ich getragen hatte, kam in eine Waschmaschine. Die Dame begleitete mich zu einem Gesundheitszentrum, wo ich einen neuen Schlauch und einen neuen Urinbeutel bekam. Dann war Mittagspause.

Kurz nach 16 Uhr bat mich die nette Dame in ihr Büro. Sie habe einen Deal mit meinem Hotel gemacht. Ich könne dort weiter übernachten, täglich um 8.30 Uhr müsse ich mich zum Frühstück im Haus zum Schutz der Armen einfinden, zwischen 9 und 11 Uhr sei duschen angesagt, auch Lunch und Dinner bekäme ich dort.

Der Angestellte des Hotels, der mich hingebracht hatte, holte mich mit einer Kollegin auch wieder ab, wir verstauten meine Siebensachen ein zweites Mal im Auto, im Hotel ging ich in mein altes Zimmer, wo ich diese Zeilen schreibe.

23. März 2024. Versprochen, über dieses Frühstück ist schnell berichtet: An der Eingangstür zum Speisesaal des Hauses zum Schutz der Armen steht ein Mitarbeiter, der mich auffordert, mir die Hände zu waschen, bevor ich das Ende der Schlange bilde. Ich gehe zum Waschbecken und trockne meine Hände für das trockene Brötchen, das für eine Scheibe Käse aufgeschnitten worden ist. Dazu gibt es einen Becher mit Kaffee.

24. März 2024. Heute Morgen ist das Frühstück von einem uniformierten Sicherheitsbeamten beobachtet worden. Eine Dame hielt mir zwei aufgeschnittene Brötchen hin, ich entschied mich für das mit Spuren von Konfitüre. In dem Speisesaal herrscht an fast allen Tischen Stille, sobald jemand das Brötchen gegessen und den Kaffee getrunken hat, muss er gehen.

Nach dem Frühstück radele ich nach Sao Martinho zum deutschen Konsulat, brieflich bitte ich das Konsulat noch einmal um Unterstützung bei der Heimreise und um Intervention beim Dr.-Nelio-Mendonca-Krankenhaus, das endlich meine finanzielle Forderung erfüllen soll. Bei Freiheitsberaubung und Körperverletzung (gewaltsamer Einbau eines unnötigen Katheters) kann das Konsulat wohl kaum tatenlos zuschauen. 

Im Hotel überreicht mir eine tolle Mitarbeiterin zwei Plastiktüten mit Brötchen und Brotaufstrich. Auch eine Flasche mit Orangensaft und eine Zigarette hat sie für mich.

25. März 2024. Frühstück: siehe Samstag. Am Abend erwarten mich die lieben Gaben des Hotelteams in meinem Zimmer, auch Geschirr und Besteck ist dabei.

26. März 2024. Frühstück: siehe Sonntag. Das Hotelteam versorgt mich auch heute.

27. März 2024. Frühstück: siehe Samstag, nur mit Wurst. Man bereitet mir einen netten Abschied. Ich verabschiede mich auch.



Alltägliches (273)

Verein zum Schutz der Armen.
Foto: Heinz-Peter Tjaden

 Von der Rentenversicherung arm gemacht

"Rua do frigorífico 9/13", schreibt sie auf einen Notizzettel, "Funchal. APP Associacao protectora dos pobres." Das soll meine nächste Station auf Madeira sein. Dort bekäme ich auch etwas zu essen. Ich schnappe mein Fahrrad und verlasse das 29 Madeira Hostel, in dem es in den nächsten beiden Tagen kein freies Bett für mich mehr gibt.

In der Altstadt suche ich auf einem Stadtplan diese Straße. Weit ist sie nicht.  Sie geht vom Praca do Carmo ab, liegt also in der City. Ich schaue mich dort schon einmal um. Ein junger Mann hockt vor einer der Türen, ich frage ihn, ob er in diesem Heim für arme Leute lebt. Er nickt. Meine Frage, wie es dort sei, beantwortet er zurückhaltend. Geöffnet wird das gelbe Gebäude wieder um 19 Uhr. In der Nähe lagern viele Frauen und Männer in abgerissenen Klamotten, neben sich Bündel des Allernotwendigsten.

Drei Stunden später sind es noch mehr Arme geworden. In der offenen Eingangstür steht ein Hüne. Ich frage ihn, ob er für den Verein arbeitet. Im Hintergrund schreit eine Frau. Der Hüne redet nicht viel, dafür aber der Mann, der plötzlich neben ihm steht. Meine Geschichte von der nicht gezahlten November-Rente nimmt er mir nicht ab. Er verweist mich an die Polizei, die für Diebstähle zuständig sei. Auch ansonsten sei der Verein für mich nicht zuständig. Die Altersgrenze liege bei 65.

Ich kehre zum Hostel zurück, ohne Bett, ohne Abendbrot, ohne einen Cent, ich darf auf den Sitzmöbeln im Innenhof schlafen. Morgen habe ich wieder ein Bett. Und meine Rente? Ich weiß nicht.