Foto: Heinz-Peter Tjaden |
Mit dem Rad unterwegs
Alltägliches (275)
Mächtig. Foto: Tjaden |
Die Wurzel des Baumes ist mächtig, das Lied, das der Chor in einem Zelt auf der Avenida Arriaga singt, ist lieblich. Ich steige von meinem Fahrrad, genieße den Augenblick, das Jahr hat nur noch wenige Stunden.
Jemand tippt mir auf die Schulter. Ein Bekannter aus Camara de Lobos. Zähne wie aus einem Labor. Königlich. Wie eigentlich auch der Park, der nach einer Königin benannt worden ist. Doch die Leute mögen "Jardim Municipal" (Stadtpark) lieber. Wie ich "Sohn der Insel". So nennt er mich. "Sie sind kein Tourist", sagt er und wünscht mir "feliz ano novo".
Aus dem Polizeibericht 2013
Kopfwunde nach Überfall
Funchal-14. November 2023. Ein 33-Jähriger ist heute Morgen mit einer Kopfwunde ins Krankenhaus gebracht worden. Er war in der Rua 5 de Outubro überfallen worden.
Aus meiner mail-box (III)
Alltägliches(274)
Alles frei. Foto: Heinz-Peter Tjaden |
Das 29 Madeira Hostel in der City von Funchal zeichnet vieles aus. Dazu gehört auch das Knabberfenster zum Hof. Die Auslage besteht aus Lebensmitteln, Gewürzen, Obst, Gemüse und Getränken, gekennzeichnet mit Mini-Etiketten, auf denen "free" steht.
Was bei den einen vor der Abreise übrig geblieben ist, kann also von den anderen Hostelgästen kostenlos verzehrt werden. Ich profitiere davon, seit die Rentenversicherung mir meine Rente für November nicht auszahlt. Viele helfen mir. Das Team des 29 Madeira Hostels besonders.
Ich habe mich schon vor fünf Jahren für das richtige Hostel auf Madeira entschieden...Das weiß ich aber schon länger.
Alltägliches (273)
Verein zum Schutz der Armen. Foto: Heinz-Peter Tjaden |
In der Altstadt suche ich auf einem Stadtplan diese Straße. Weit ist sie nicht. Sie geht vom Praca do Carmo ab, liegt also in der City. Ich schaue mich dort schon einmal um. Ein junger Mann hockt vor einer der Türen, ich frage ihn, ob er in diesem Heim für arme Leute lebt. Er nickt. Meine Frage, wie es dort sei, beantwortet er zurückhaltend. Geöffnet wird das gelbe Gebäude wieder um 19 Uhr. In der Nähe lagern viele Frauen und Männer in abgerissenen Klamotten, neben sich Bündel des Allernotwendigsten.
Drei Stunden später sind es noch mehr Arme geworden. In der offenen Eingangstür steht ein Hüne. Ich frage ihn, ob er für den Verein arbeitet. Im Hintergrund schreit eine Frau. Der Hüne redet nicht viel, dafür aber der Mann, der plötzlich neben ihm steht. Meine Geschichte von der nicht gezahlten November-Rente nimmt er mir nicht ab. Er verweist mich an die Polizei, die für Diebstähle zuständig sei. Auch ansonsten sei der Verein für mich nicht zuständig. Die Altersgrenze liege bei 65.
Ich kehre zum Hostel zurück, ohne Bett, ohne Abendbrot, ohne einen Cent, ich darf auf den Sitzmöbeln im Innenhof schlafen. Morgen habe ich wieder ein Bett. Und meine Rente? Ich weiß nicht.
Liebe Virginia
Es gibt den Weihnachtsmann
Ich bin 8 Jahre alt. Einige von meinen Freunden sagen, es gibt keinen Weihnachtsmann. Papa sagt, was in der "Sun" steht, ist immer wahr. Bitte, sagen Sie mir: Gibt es einen Weihnachtsmann?
Diese Frage hat 1897 der beste Kolumnist dieser Zeitung beantwortet. Seine Antwort erschien bis zur Einstellung der Zeitung im Jahre 1950 jedes Jahr zu Weihnachten.
Ja, Virginia, es gibt einen Weihnachtsmann. Es gibt ihn so gewiss wie die Liebe und Großherzigkeit und Treue. Weil es all das gibt, kann unser Leben schön und heiter sein. Wie dunkel wäre die Welt, wenn es keinen Weihnachtsmann gäbe! Es gäbe dann auch keine Virginia, keinen Glauben, keine Poesie - gar nichts, was das Leben erst erträglich machte. Ein Flackerrest an sichtbarem Schönen bliebe übrig. Aber das Licht der Kindheit, das die Welt ausstrahlt, müsste verlöschen. Es gibt einen Weihnachtsmann, sonst könntest Du auch den Märchen nicht glauben.
Gewiss, Du könntest deinen Papa bitten, er solle am Heiligen Abend Leute ausschicken, den Weihnachtsmann zu fangen. Und keiner von ihnen bekäme den Weihnachtsmann zu Gesicht - was würde das beweisen? Kein Mensch sieht ihn einfach so. Das beweist gar nichts.
Die wichtigsten Dinge bleiben meistens unsichtbar. Die Elfen zum Beispiel, wenn sie auf Mondwiesen tanzen. Trotzdem gibt es sie. All die Wunder zu denken - geschweige denn sie zu sehen -, das vermag auch nicht der Klügste auf der Welt. Was Du auch siehst, Du siehst nie alles. Du kannst ein Kaleidoskop aufbrechen und nach den schönsten Farbfiguren suchen. Du wirst einige bunte Scherben finden, nichts weiter. Warum? Weil es einen Schleier gibt, der die wahre Welt verhüllt, einen Schleier, den nicht einmal alle Gewalt auf der Welt zerreißen kann. Nur Glaube und Poesie und Liebe können ihn lüften. Dann werden die Schönheit und Herrlichkeit dahinter zu erkennen sein.
"Ist das denn auch wahr?", kannst Du fragen. Virginia, nichts auf der ganzen Welt ist wahrer und nichts beständiger. Der Weihnachtsmann lebt, und er wird ewig leben. Sogar in zehnmal zehntausend Jahren wird er da sein, um Kinder wie Dich und jedes offene Herz mit Freude zu erfüllen. Frohe Weihnacht, Virginia.
Dein Francis Church.
Alltägliches (272)
Countdown auf www.obdachlos.info |
Ist die Vorfreude groß gewesen. Nach über einem halben Jahr in einem Obdachlosenheim in der Region Hannover habe ich im Oktober im Netz einen Countdown gestartet. Das Bett im 29 Madeira Hostel in Funchal war vom 7. November bis 26. Dezember gebucht und bis Mitte Dezember bereits bezahlt. Die Wohnungssuche ließ ich gemächlich an, ich genoss erst einmal die Rückkehr auf die Insel.
Damit war am 30. November Schluss. Ich bekam meine Rente nicht. Warum die Überweisung ausblieb, hat man mir immer noch nicht verraten. Ich informierte auch das Hostel, das am 26., 27. und 29. Dezember allerdings für mich kein Bett frei hat. Wo also schlafen? Dass ich am 29. Dezember wirklich meine Dezember-Rente bekomme, behaupte ich gegenüber niemandem. Wer mir einmal meine Rente stiehlt, macht das vielleicht auch zweimal... Zerstörtes Vertrauen liegt für immer in Trümmern.
20.00 Uhr. Das mache ich auf keinen Fall: Erst einmal für zwei Tage in ein anderes Hostel ziehen und versprechen, dass ich am 29. Dezember wieder Geld habe. Ich riskiere keine Strafanzeige wegen Einmietebetruges. Im 29 Madeira Hostel gilt auch heute Abend noch: Kein Bett frei am Dienstag und Mittwoch. Schauen Sie sich doch einmal das Versprechen der Rentenversicherung vom 8. Dezember an.
Alltägliches (271)
Mein erster Tag und viele andere Tage
Heute vor fünf Jahren bin ich zum ersten Mal auf Madeira gelandet, hatte ich zum ersten Mal ein Bett im 29 Madeira Hostel in Funchal. Am frühen Nachmittag war ich bei der Mitarbeiterin noch zu früh dran, sie schickte mich erst einmal wieder weg. Stunden später hatte ich mich so oft verlaufen, dass ich an die erste Nacht im Hostel schon nicht mehr glaubte.
Was ich versäumt hätte, schilderte ich in meinem Internet-Tagebuch so:
Hinten links schläft Felix aus Aachen. Aber nur bei offenem Fenster zur bis Mitternacht lauten engen Gasse. Dennoch ist er morgens um 9 Uhr an den Frühstückstischen im Innenhof fit genug, um Inge aus der Südstadt von Hannover zu sagen, was in den nächsten Stunden unbedingt besichtigt werden sollte.
Am Rathaus kommen diese beiden betagten Weltenbummler wie alle anderen Hotelgäste vorbei, wenn sie zu ihren Touren aufbrechen. Man kann aber auch hineingehen. Lena küsst dort den Schwan, derlei Sünden werden einem in der Kirche schräg gegenüber gleich wieder vergeben. Danach geht es weiter bergab zum Atlantik, vorbei an der Kathedrale Sé und an vielen kleinen Geschäften, Restaurants und Museen.Alltägliches (269)
Kreuzfahrtschiffe machen viele Pausen. Foto: Tjaden |
Heute: "Norwegian Star" (2348 Passagiere), "Aida Cosma" (5300 Passagiere): Taxifahrer, Erfinder von originellen Fortbewegungsmitteln und Prospektverteiler sind fast täglich die ersten, die auf dem Platz vor dem Cristiano-Ronaldo-Museum andere Gesichter als gestern sehen. Sie nähern sich von Westen. Platz für Zerstreuung gibt es noch nicht. Der Bürgersteig ist zwar breit, aber auf der anderen Straßenseite steht eine Felswand, bis der Katharinenpark beginnt.
Der Versuch, in acht oder zehn Stunden eine Stadt wie Funchal kennenzulernen ist zwar vergeblich, wird aber immer wieder unternommen. Für den "Norwegian Star" ist Funchal der zweite Hafen in 13 Tagen, für die "Aida Cosma" der zweite Hafen in sieben Tagen. Da bleibt nur: Gruppen bilden, keine Zeit verlieren, Hüte tragen, Sonnenbrillen schützen auch. Wer etwas mehr sehen will, nimmt einen der bunten Reisebusse, die an der Avenida do Mar zu eineinhalbstündigen Rundfahrten einladen.
Bei Sonnenschein mit dem Taxi fahren, scheint mir eher etwas für empfindliche Leute zu sein, die schnell einen Sonnenbrand kriegen, dafür aber nie Platzangst haben. Die anderen biegen zu Fuß von der Avenida do Mar zum Zarco-Denkmal ab. Die meisten sind gegen 10 Uhr dort. Auch sonst kann man nach den Kreuzfahrtschiffspassagieren die Uhr stellen, um 14 Uhr sind sie einige Kilometer weiter in der Altstadt. Über ihnen schweben Gondeln zum Monte. Die sind bestimmt schon oft fotografiert worden, weil fast alle ihre Kameras schräg nach oben halten.
Gegen 16 Uhr kehrt auf die Avenida do Mar zurück, was auf die Kreuzfahrtschiffe gehört. Der Kapitän sorgt mit der Sirene dafür, dass niemand zu weit läuft.
Alltägliches (267)
Manchmal ganz schön abwechslungsreich. Foto: Heinz-Peter Tjaden |
19. November 2023. Abwechslung kann einem Aufenthalt auf Madeira nicht schaden. Man kann sie aber auch übertreiben. Wie "Continente" bei der Preisgestaltung. Ein Becher zum Aufbrühen kostet von einem Tag auf den anderen nicht mehr 1,49 Euro, sondern 2,30 Euro. Auch bei anderen Waren muss man in diesem Supermarkt aufpassen, sonst bezahlt man an der Kasse fast das Doppelte wie vorher.
Auch bei der Tasse Kaffee zum Stück Kuchen kann es solche Preissprünge geben. Zum Beispiel in der Altstadt in Funchal. Mit dem neuen Personal kam die Verblüffung, die neue Mitarbeiterin war mit dem bisherigen Preis nicht zufrieden, sie verlangte 1,80 Euro statt 80 Cent. Dafür entschuldigte sich der Chef am Tag darauf bei mir.
In der Gelataria italiana da Lorenzo dagegen freue ich mich jetzt schon auf den nächsten Samstag. Dann bekomme ich meinen morgendlichen Kaffee umsonst. Denn als Stammgast habe ich nun eine Bonus-Karte: Auf der stehen die Zahlen 1 bis 9, dann heißt es "gratis".
25. November 2023. Heute Morgen habe ich meinen Gratis-Kaffee genossen. Auch "Continente" kam mir preislich entgegen, zwar nicht so weit wie Lorenzo, aber doch beachtlich: Die Tüte mit fünf Mini-Hörnchen kostete nicht mehr 1,49 Euro, sondern 1,09 Euro .
Alltägliches (268)
Heute Morgen vor der Gelataria da Lorenzo in der Largo do Phelps. |
Der zweite Sonntag nach meiner Rückkehr auf die Blumeninsel Madeira: Nach sieben Monaten in Hotels, Hostels, Pensionen, immer mit meinen Koffern im Schlepptau, erst auf Madeira, dann in Deutschland, schließlich in Obdachlosenheimen mit einigen netten Leuten und einigen, deren Leben sich nur noch um die Beschaffung von Alkohol und Rauschgift dreht.
Meine Wege mögen von März bis November verschlungen gewesen sein, weil mein Vermieter RB Living aus Funchal irgendwann meinen Mietvertrag verschlang, um sich nicht mehr an ihn halten zu müssen, doch sie führten mich auch zu neuen Erfahrungen. Die ich mit einer psychisch kranken 24-Jährigen machte, die sich mir im Obdachlosenheim vorsichtig näherte. Sie fasste immer mehr Vertrauen, wurde seltener von inneren Stimmen geplagt und veranlasste mich zu der Veröffentlichung der Broschüre "Eta und das verlorene Mädchen", die ich auch verfasste, weil ich mich oft fragte, wer denn nun psychisch kranker ist. Alle, die nicht über den Tassenrand schauen können, sind wohl besonders dafür geeignet, den Kranken den Rang abzulaufen.
Lisa hat von mir vor der Abreise ein Handy bekommen, sie kann sich jederzeit bei mir melden. Mein ehemaliger Vermieter Robert B. von RB Living sollte das tunlichst unterlassen. Bei ihm arten Kontakte zu oft in Belästigungen aus. Wie an meinem ersten Sonntag nach meiner Rückkehr.
An unserem letzten Abend im Obdachlosenheim kuschelte sich Lisa bei mir an und sagte: "Jetzt ist Eta im Himmel."